Sibirischer oder Amur-Tiger

(Panthera tigris altaica)

Verwandtschaft:

Reich: Tiere
Stamm: Chordatiere
Unterstamm: Wirbeltiere
Klasse: Säugetiere
Ordnung: Raubtiere (Carnivora)
Unterordnung: Landraubtiere (Fissipedia)
Familie: Katzen (Felidae)
Unterfamilie: Großkatzen (Pantherinae)
Gattung: Panthera (Eigentliche Großkatzen)
Art: tigris
Unterart: altaica

Verbreitung und Lebensraum:

Verbreitung: Russischer ferner Osten, Nordost-China, ggf. Nordkorea
Lebensraum: Laub- und Nadelwälder, Taiga

Ernährung:

Reh- bis rindergroße Säugetiere; Wildschweine, auch Raubtiere wie kleinere Katzen, Bären, Hunde, daneben Hasen, rattengroße Nagetiere, Lachse, Nahrungsbedarf: 7 – 9 kg Fleisch / Tag

Lebensweise und Fortpflanzung:

Territoriale Einzelgänger mit 60 – 100 km² großen Revieren, tag- und dämmerungsaktiv
Fortpflanzung: 3-7 Jungtiere; 4 Monate Tragezeit, Junge bleiben 2 – 3 Jahre bei der Mutter, Geschlechtsreife nach ca. 3 – 4 Jahren

Freilandstatus:

Stark bedroht (endangered nach IUCN) durch Jagd, Rückgang ihrer Beutetiere und Lebensraumzerstörung, 300 – 400 Tiere, davon 18 – 22 Tiere in China, Bestand relativ stabil, unbekannt, ob noch in Nordkorea vorhanden

Allgemeines zur Tierart Tiger

Typische Tigermerkmale sind:

  • Senkrecht laufende schwarze Streifung auf orange-braunem Fell; dient der Tarnung in waldreichem Lebensraum und hohem Gras
  • Streifenmuster jedes Tigers so einzigartig wie der Fingerabdruck eines Menschen
  • Weißer Fleck auf Rückseite der Ohrmuschel wird sichtbar, wenn Tier die Ohren anlegt; drückt Stimmung aus, dient zur innerartlichen Kommunikation
  • Tiger und andere Großkatzen (Löwe, Jaguar, Leopard, Schneeleopard) im hellen Umgebungslicht runde, Kleinkatzen senkrecht-schlitzförmige Pupillen
  • wasserliebend, gute Schwimmer, häufig in Gewässernähe jagend

Man unterscheidet heute noch sechs lebende Unterarten des Tigers (Panthera tigris):

  • Bengaltiger oder Königstiger (P. t. tigris), Verbreitung: Indien, Bangladesh, Nepal, Wildbestand: max. 2100 Tiere
  • Indochinesischer Tiger (P. t. corbetti), Verbreitung: Thailand (auch Myanmar, Kambodscha, Laos, Vietnam), Wildbestand: 800 – 1500 Tiere
  • Südchinesischer Tiger (P. t. amoyensis), Verbreitung: ehemals ganz China, heute vereinzelt, Wildbestand: 20 – 30 Tiere. Der Südchinesische Tiger steht kurz vor der Ausrottung bzw. ist möglicherweise schon ausgerottet (seit 1970 keine Wildbeobachtungen mehr!).
  • Sibirischer Tiger oder Amurtiger (P. t. altaica) Verbreitung: Ost-Sibirien / Grenzgebiet Russland/China, Wildbestand: max. 500 Tiere
  • Malayischer Tiger (P. t. jacksoni), Verbreitung: Süden Malaysias, Wildbestand: 500 – 1000 Tiere
  • Sumatratiger (P. t. sumatrae), Verbreitung: Sumatra, Wildbestand: max. 300 Tiere

Drei weitere Unterarten sind bereits vom Menschen ausgerottet worden: Bali-Tiger (1940), Kaspischer Tiger (1970), Java-Tiger (1980)
Die einzelnen Unterarten unterscheiden sich in ihrer Größe und ihrer Fellfärbung. Die am nördlichsten vorkommende Unterart, der Sibirische Tiger, ist die größte Unterart (Kater bis 300 kg). Er hat eine helle Grundfarbe, wenige schwarze Streifen und einen hohen Weißanteil im Gesicht, an Brust und Bauch. Der Sumatratiger ist die kleinste Unterart (Kater bis 140 kg). Seine Grundfarbe ist dunkler und er ist am kontrastreichsten gefärbt. Beides sind Anpassungen an den jeweiligen Lebensraum (lichte Wälder/Taiga bzw. dichter Regenwald).

Größe der Streifgebiete:

Die Größe eines Tiger-Territoriums hängt von der Nahrungsverfügbarkeit (Beutedichte) ab! Im indischen Dschungel, wo es reichlich Beute gibt, kontrollieren männliche Tiger ein Gebiet von nur 10 bis 39 km2. In Ostsibirien gibt es wenig Beute, der Amurtiger hat deshalb Streifgebiete von 800 bis 1000 km2. Reviere werden durch Kot-, Duft- und Kratzmarken markiert. Die Territorien weiblicher Tiger sind generell kleiner als die der Kater. Meist überlappt ein Männchenterritorium die mehrerer Katzen.

Beutetiere und Jagd:

Tiger sind einzelgängerische Jäger. Im unübersichtlichen Lebensraum Wald ist Beute schwierig aufzustöbern, die heimliche, alleinige Jagd deswegen effektiver. Zu seiner Beute zählen hauptsächlich Hirsche, Wildrinder- und schweine, teilweise auch kleinere Säugetiere und Fisch. Beutetiere werden häufig versteckt und über mehrere Tage hinweg verzehrt. Ein Tiger kann bis zu 18 kg Fleisch an einem Tag zu sich nehmen, woraufhin eine mehrtägige Jagdpause folgt. Nicht jede Jagd ist erfolgreich, so dass Tiger auch auf schon verwesende Teile älterer Beute zurückgreifen, wenn nötig. Im Zoo wird die natürliche Situation insofern nachgestellt, als dass die Tiere ein bis zwei Fastentage pro Woche haben.

Von Menschen und Tigern:

Tiger gibt es auf unserer Erde bereits seit mehr als 2 Millionen Jahren. Noch bis vor 100 Jahren bevölkerten über 100.000 Tiere fast ganz Asien und Teile Europas. Laut aktuellen Schätzungen (2008) gibt es heute nur noch maximal 4.600 Exemplare dieser faszinierenden Raubkatze, die in kleinen, oftmals isolierten Populationen in kleinen Teilgebieten Asiens leben! 93% ihres ursprünglichen Lebensraums sind heute verschwunden!

  • Vier der sechs heute noch lebenden Tigerunterarten werden von der
  • Weltnaturschutz-Union (IUCN) auf der „Roten Liste“ als „Stark gefährdet“ (endangered) eingeordnet. Der Sumatratiger und der Südchinesische Tiger gelten als „Vom Aussterben bedroht“ (critically endangered)!
  • Der Mensch ist der einzige Feind des Tigers.
  • Der Mensch dringt aufgrund steigender Bevölkerungszahlen und auf der Suche nach Bodenschätzen immer weiter in den Lebensraum des Tigers vor und dezimiert dessen Lebensgrundlage durch Vernichtung des Regenwaldes, Urbanisierung und Jagd auf seine Beutetiere.
  • Tiger werden als Viehräuber und aus Angst gejagt. Doch der Tiger ist kein Menschenfresser! Nur kranke oder alte, in die Enge getriebene Tiere, die sich nicht mehr ernähren können, verlieren ihre natürliche Scheu vor dem Menschen und können gefährlich werden.
  • Ausgewachsene Tiger haben keine natürlichen Feinde! Allein der Mensch ist für den drastischen Schwund wild lebender Tiger verantwortlich!
  • Tiger sind heute in allen Ländern (aufgrund nationaler Gesetzgebung und laut Washingtoner Artenschutzabkommen CITES) streng geschützt. Seit 1993 ist der Handel mit lebenden und toten Exemplaren sowie Körperteilen weltweit verboten. Der illegale Handel konnte bis dato nicht unterbunden werden. Illegale Jagd durch die hohe Nachfrage nach fast allen Körperteilen zur Verwendung in der so genannten
  • „Traditionellen Chinesischen Medizin“ ist nach wie vor eine der Hauptursachen für den Rückgang der Tiger.
  • In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) wird seit ca. 5.000 Jahren auf die
  • Heilwirkung tierischer Substanzen vertraut. Die Heilwirkung von Tigerteilen ist sehr
  • umstritten, viele Forscher bescheinigen einen psychischen aber keinen
  • pharmakologischen Heilungseffekt („Placebo“).

Beispiele für die Absurdität dieser „Medizin“ zeigt die Zeichnung mit dem Titel „Panthera tigris apothecarius“:

Der Sibirische Tiger:

  • Der Sibirische Tiger ist die größte lebende Katzenart der Welt.
  • Männliche Tiere können ein Gewicht von bis zu 300 kg erreichen, Weibchen sind stets deutlich kleiner und erreichen die Hälfte, höchstens 2/3 des Gesamtgewichts der Männchen.
  • Mit seinem nördlichen, kalten Lebensraum geht auch eine Veränderung des Fells einher. Sibirische Tiger haben deutlich längere und dichtere Haare, als die weiter südlich verbreiteten Unterarten, muss er doch in seinem Lebensraum mit Temperaturen von bis zu minus 40°C zurechtkommen können. Zusätzlich zum dicken Fell frisst sich der Sibirische Tiger für den Winter eine bis zu 5 cm dicke Speckschicht an, die isolierend wirkt.
  • Der Tiger verbringt viel Zeit mit der Jagd, da nur 10 Prozent seiner Angriffe erfolgreich sind. Ein solcher Angriff beginnt mit dem Anschleichen an die Beute. Ist der Tiger nahe genug herangekommen, springt er mit einem gewaltigen Satz von hinten auf das Opfer, um seine Eckzähne (Fangzähne) in dessen Nacken zu schlagen. Mit seinen Hinterbeinen steht er fest auf dem Boden, um das Tier nach unten zu drücken. Größere Tiere werden danach mit einem Kehlbiss getötet, kleinere Beutetiere sterben bereits an den Verletzungen im Nacken.
  • Die Paarungszeit des Sibirischen Tigers ist nicht an eine Jahreszeit gebunden, Katzen können ganzjährig empfängnisbereit werden. Ein Kater erkennt das Revier einer paarungsbereiten Katze an den Hormonen in ihrem Urin, den sie an den Reviergrenzen hinterlässt. Kater und Katze bleiben mehrere Tage zusammen, in denen sie sich paaren. Danach verlässt der Kater das Weibchenrevier.
  • Tigerjunge kommen blind zur Welt, erst nach etwa 2 Wochen öffnen sich die Augen.
  • Die Jungtiere werden von der Mutter versteckt, nach etwa 2 Monaten verlassen sie mit der Mutter das Versteck, von da an fangen sie auch an, Fleisch zu sich zu nehmen. Sie sind nach etwa 6 Monaten vollständig entwöhnt, bleiben aber 2-3 Jahre lang bei der Mutter, vor allem, um ihre Jagdstrategien zu erlernen.
  • Der namensgebende Amurfluss bildet heute die westlichste Grenze seines Verbreitungsgebiets.
  • Neben dem Verlust des natürlichen Lebensraumes ist der Sibirische Tiger vor allem durch die Verringerung der Großwildbestände, die seine natürliche Nahrungsgrundlage bilden, bedroht. Da Fleisch für viele Menschen im fernen Osten Russlands kaum erschwinglich ist, wird im Lebensraum des Tigers viel gewildert.
  • Der oftmals illegale Holzeinschlag und das Übergreifen von Feuern, die zur Vergrößerung der Erträge auf Feldern gelegt werden und auf die Wälder übergreifen sind für das Schrumpfen des Lebensraums des Sibirischen Tigers verantwortlich. Wenn möglich meidet die Großkatze (wie ihre Beute auch) offene Flächen.
  • Der Rückgang des dichten Waldes bietet den Wilderern besseren Zugang ins Tigergebiet und dem Tiger weniger Schutz.
  • Für den Sibirischen Tiger gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das von der Zoologischen Gesellschaft London (ZSL) geführt wird.

Mythos „Weißer Tiger“ – Show und Profit unter dem Deckmantel des Artenschutzes

  • Wir Menschen tendieren dazu, Seltenheiten besonders zu schätzen, und die unaufgeklärte Mehrheit hält die weißen Tiger deswegen für besonders schützenswert.
  • Tiger können ein rezessives, mutiertes Gen für die weiße Fell- und blaue Augenfarbe tragen. Extrem selten kommt es vor, dass Mutter und Vater dieses Gen tragen und beide vererben, so dass ein weißes Jungtier geboren wird.
  • Bei weißen Tigern handelt es sich um eine Genveränderung, die zum Leuzismus führt. Im Gegensatz zum Albinismus, einer Genveränderung in der Biosynthese der Melanine, können leuzistische Tiere dunkle Farbstoffe prinzipiell bilden. Nur an bestimmten Hautstellen sind keine farbstoffbildenden Zellen vorhanden, so dass das Fell weiß und die Hautfarbe rosa ist.
  • Bis dato kamen weiße Tiger nur in der Unterart des Bengaltigers vor, und Experten schätzen, dass nur einer von 10.000 in der Wildnis geborenen Bengaltigern weiß ist.
  • Die Auswirkung dieses seltenen Zufalls raubt dem Tiger eines der wichtigsten Werkzeuge um zu überleben – seine Tarnung!
  • Weiße Tiger sind in ihrem natürlichen Lebensraum kaum überlebensfähig und werden sich natürlicherweise nicht fortpflanzen, so dass das nachteilige rezessive Gen nicht weitervererbt werden kann!
  • Fast alle in Safariparks, Zirkussen, Showbetrieben oder in Privathand gehaltenen weißen Tiger weltweit gehen auf einen 1951 eingefangenen weißen Kater oder eine Kreuzungen zwischen Bengal- und Amurtiger in Privathand zurück und sind durch extreme Inzucht (Vater/Tochter – Mutter/Sohn – Bruder/Schwester-Verpaarungen) entstanden.
  • Mit der doppelten Vererbung des rezessiven Gens sind häufig Krankheiten wie schwere Immunschwäche und Knochendeformationen (Hüfte, Wirbelsäule, Kiefer), neurologische Störungen (geistige Behinderungen), Gaumenspalten, weit vorgestülpte Augen und eine kurze Lebensdauer verbunden. Die Inzucht verstärkt diese qualvollen Faktoren.
  • Nur jedes vierte geborene Jungtier von zwei normal gefärbten Tigern, die das rezessive Gen tragen ist weiß, die meisten Neugeborenen sind gar nicht überlebensfähig, 80% der weißen Jungtiere sind Totgeburten, und nur eines von 30 weiß-geborenen Tieren ist überhaupt „vorzeigbar“. Es müssen 30 bis 60 hochingezüchtete Tiger produziert werden, um ein vorzeigbares weißes Exemplar zu erhalten! Ein solches Tier ist Liebhabern dann bis zu 60.000 US Dollar wert.
  • Das Schicksal der „unerwünschten“ braunen und der kranken und sichtlich deformierten Tiere ist allerdings ungewiss!
  • Geburten weißer Exemplare werden gerne besonders hervorgehoben und als Erfolg für die Erhaltung der Art gefeiert.
  • Der weiße Tiger ist aber keine „Tierart“ sondern eine Anomalie innerhalb einer Unterart des Tigers!
  • Die an Qualzucht grenzende Produktion von weißen Tigern hat in keinster Weise etwas mit Artenschutz zu tun!